Stirbt eine Person, bilden die Erben von Gesetzes wegen eine Erbengemeinschaft. Diese Gemeinschaft ist eine Übergangslösung und bleibt so lange bestehen, bis die Verteilung des Vermögens an die Erben erfolgt ist. In der Praxis existieren Erbengemeinschaften, die über mehrere Jahre nicht aufgelöst werden, und zwar aufgrund von Unstimmigkeiten, unterschiedlichen Interessen, Vermeidung des Aufwandes und Weiterem. Ist eine jahrelange Weiterführung einer Erbengemeinschaft empfehlenswert oder doch eher nicht?
Das Nachlassvermögen befindet sich im Gesamteigentum der Erbengemeinschaft und Entscheidungen können nur gemeinsam getroffen werden, denn es gilt das Einstimmigkeitsprinzip und nicht das Mehrheitsprinzip. Diese Einstimmigkeitserfordernis macht eine Erbengemeinschaft schwerfällig. Haben die Erben ein sehr gutes Verhältnis untereinander, kann eine Erbengemeinschaft theoretisch problemlos über mehrere Jahre bestehen, das gemeinsame Vermögen wird optimiert und die Erben profitieren im besten Fall sogar von der Wertvermehrung des Nachlasses.
Je mehr Erben eine Erbengemeinschaft umfasst, desto grösser wird das Risiko, dass es zu Konflikten unter den Erben kommt. Wie die Praxis zeigt, kann die Verteilung eines Nachlasses zu langwierigen Diskussionen und Auseinandersetzungen führen, sobald unterschiedliche Vorstellungen oder Eigeninteressen bezüglich Aufteilung, Verwendung beziehungsweise Veräusserung des Nachlasses vorhanden sind.
Die Einsetzung eines versierten Willensvollstreckers in einem Testament kann der Erbengemeinschaft viele Vorteile bringen.
Mögliche Konflikte zeigen sich bei
- Liegenschaften: Verkauf, Vermietung oder Eigennutzung,
- ungleich hohen Zuwendungen zu Lebzeiten (Schenkungen oder Erbvorbezügen), die nirgends dokumentiert sind oder bei denen un klar ist, ob sie auszugleichen sind,
- unterschiedlichen Wertvorstellungen beim Veräussern von Objekten,
- persönlichen Interessen von einzelnen Erben bei Liegenschaften, Kunstobjekten, Fahrzeugen oder Ähnlichem.
Besteht die Erbengemeinschaft aus harmonisch und gleich gesinnten Erben, kann die Verteilung oder Weiterführung des Erbgutes ohne grossen Aufwand bewältigt werden. Stehen sich die Erben nicht nahe oder zeigte sich bereits vor dem Ableben des Erblassers Uneinigkeit, steigt das Risiko für eine langwierige und kostenintensive Verwaltung beziehungsweise Verteilung des Nachlasses.
Gibt es Entscheide zu fällen zur Liegenschafts-, Wertschriftenverwaltung oder zu anderen Geschäften, erfordert das eine gute Kommunikation innerhalb der Erbengemeinschaft und Einstimmigkeit, damit Entscheide umgesetzt werden können. Abgesehen vom Einstimmigkeitsprinzip ist der administrative Aufwand nicht zu unterschätzen, den eine Erbengemeinschaft mit sich bringt. In diesem Zusammenhang ist insbesondere die jährliche Abrechnung zu erwähnen, die von den Erben benötigt wird, damit sie ihren Anteil am Einkommen und Vermögen in der persönlichen Steuererklärung deklarieren können, und dies so lange, bis die Verteilung des Nachlasses erfolgt ist.
Als hilfreich erweist sich in der Praxis das Vorhandensein einer Drittperson in Form eines vom Erblasser eingesetzten Willensvollstreckers oder bei dessen Fehlen eines Erbenvertreters, den die Erben gemeinsam bestimmen. Diese Drittperson verwaltet das Vermögen und kann die Erben beraten. Sind sich die Erben nicht einig und ist kein Willensvollstrecker eingesetzt, besteht das Risiko, dass die Verwaltung und Verteilung des Nachlassvermögens blockiert wird – der Nährboden für unschöne Streitigkeiten. Eine optimale Werterhaltung oder sogar Wertvermehrung des Nachlasses ist in einer solch schwierigen Situation meist nicht gewährleistet. Ganz abgesehen davon stellen Probleme innerhalb der Erbengemeinschaft eine grosse emotionale Belastung dar.
Je mehr Erben beteiligt sind , umso schwieriger kann eine zeitnahe und zufriedenstellende Auflösung der Erbengemeinschaft sein.
Wünscht bloss ein Erbe die Teilung des Nachlasses und herrscht keine Einstimmigkeit, besteht die Möglichkeit, den einzelnen Erben abzufinden und die Erbengemeinschaft mit den übrigen Erben fortzuführen. Eine weitere Variante wäre, einen Teil des Nachlasses aufzuteilen und mit dem restlichen Erbgut die Erbengemeinschaft weiterzuführen. Doch sowohl für die Abfindung des einzelnen Erben als auch für die Aufteilung eines Teils des Nachlasses braucht es die Zustimmung aller Erben. Gibt es gar keinen Konsens unter den Erben, verbleibt dem teilungswilligen Erben nur der Gang zum Gericht, was jederzeit möglich, aber in der Regel kostspielig ist.
Unsere Erfahrung zeigt, dass in vielen Fällen die Verteilung des Vermögens und eine möglichst rasche Auflösung der Erbengemeinschaft die beste Variante für alle Beteiligten darstellen. Die Ausnahme bestätigt die Regel, und zwar dort, wo sich die Erben als Gemeinschaft verstehen und einen guten Umgang mit dem geerbten Vermögen pflegen. So oder so erleichtert das Engagement eines versierten Willensvollstreckers eine korrekte Verwaltung des Nachlassvermögens sowie dessen Verteilung, und dies unter Berücksichtigung der rechtlichen Bestimmungen.
Eine rasche Auflösung der Erbengemeinschaft schafft Klarheit und verhindert Konflikte.